Für eine Weidetierprämie
bereits ab 20 Ziegen und Schafe
Im Rahmen der Kampagne "Kultur.Weide.Elbtal" wurde im Frühjahr 2020 mithilfe einer Petition der Versuch unternommen eine Weidetierprämie ab 20 Ziegen und Schafen zu ermöglichen.
Diese wurde im sächsischen Landtag bei dessen 22. Sitzung am 03.02.2021 abgelehnt.
Die Hauptbegründung ist die Bagatellgrenze, welche in Sachsen bei 2.000 € liegt und mit dem Vorwand der Belanglosigkeit auch nicht verringert werden soll.
In der Pressemitteilung vom Hirten kann die gesamte Hintergrundgeschichte nachgelesen werden. Die Sächsische Zeitung berichtete am 17.03.2021 im Beitrag "Ziegenhirte scheitert mit Petition", Sächsische Zeitung, 17.03.2021 www.saechsische.de, PDF-Dokument (205 KByte) darüber.
Forderung
Die Unterzeichnenden dieser Petition fordern die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker in Landwirtschaft, Wirtschaft und Tourismus des Freistaates Sachsen auf, die Förderung für Ziegen- und Schafhalter bereits ab einen Mindestbestand von 20 Tieren zu gewähren.
Gemeinwohlleistung
von Ziegen- und Schafhalter
Mit der im Juli 2019 eingeführte finanziellen Unterstützung in Form einer sogenannten Weidetierprämie soll die Gemeinwohlleistung von Ziegen- und Schafhalter ausgeglichen werden.
Sie wird mit der aufwendigen Bewirtschaftung von kleinen strukturierten Flächen, der Bedeutung der ländlichen Traditionspflege sowie mit der Erhaltung des Landschaftsbildes begründet. Des Weiteren soll dem Rückgang von Ziegen- und Schafbeständen entgegengewirkt werden [1].
Unter diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, wieso nur ziegen- und schafhaltendene Betriebe ab 50 Tieren förderfähig sind.
Wettbewerbsverzerrung
In Sachsen gibt es noch landwirtschaftliche Betriebe, welche vielseitig aufgestellt sind. Sie stellen beispielsweise Ziegen- oder Schafsmilch her, schließen Kreisläufe, indem sie auch Gemüseanbau betreiben oder führen Umweltbildung mit den Tieren durch. Sie arbeiten mit kleinen Tierbeständen und bewirtschaften meist sehr aufwendig unrentable Kleinstflächen.
Großen Schafmastbetrieben oder Unternehmungen, welche groß genug sind, mehrere Betriebszweige (z.B. Fleisch und Milch) abzubilden, ist es nun möglich, durch die Förderung von 40 € pro Tier und Jahr, ihre Leistungen auf dem freien Markt günstiger anzubieten. Dies führt letztendlich zu Wettbewerbsvorteilen gegenüber kleineren Betrieben, welche auch durch die Besetzung kleinerer Nischen nicht mehr länger abgefedert werden können.
Ebenfalls wird so die Möglichkeit, innovative Konzepte im Kleinen umzusetzen, beispielsweise für alternative Bewirtschaftsformen mit Ziegen und Schafen zur Entwicklung von regionalen, klimafreundlicheren Produkten, gleich im Vorhinein ausgeschlossen.
Die maximale finanzielle Unterstützung an die De-minimis-Beihilfe von insgesamt 20 000 € auf zwei Jahre zu knüpfen, ist aus der Sicht der Förderung von kleinbäuerlichen Betrieben zu begrüßen.
Eine Vielfalt an Landschaft
und bäuerliche Strukturen bewahren
Nach der Einführung der sachsenweiten Weidetierprämie im Sommer 2019, wurde diese im gesamten Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge nur 12 mal abgerufen.
Dies liegt unter anderem daran, dass durch die kleinteiligen Flächen, wie sie beispielsweise im Elbsandsteingebirge zu finden sind, diese Betriebsstrukturen gar nicht vorhanden sind. Trotzdem tragen diese Betriebe einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung von seltenen Grünlandkulturen und ihren darin lebenden Arten bei.
Die bis jetzt vorhandenen Fördermöglichkeiten, z.B. „Beweidung im Rahmen der Förderung von Agrarumwelt und Klimamaßnahmen“ oder „Investitionen in den Herdenschutz im Rahmen der Richtlinie Natürliches Erbe“ unterstützen nicht die Bewirtschaftung solcher Flächen.
Die Entscheidung zur Förderung orientiert sich nach wie vor anhand des Flächeninhaltes bzw. dessen Größe. Schmale Kleinstflächen, gar am Hang gelegen und meist als artenreiche Magerwiesen ausgezeichnet, erhalten nach der aktuellen Subventionspolitik trotz erhöhtem Aufwands kaum bis gar keine Förderung. Dies liegt auch daran, dass es sich dabei nicht im Sinne des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, um wirtschaftliche Grünflächen handelt. Es dürfen z.B. keine bzw. nur wenige Gehölze, keine Brombeeren und Knöterich vorhanden sein. Kurz; es muss sich um leistungsfähiges Grünland handeln, um Fördergelder im Sinne der Beweidung zu erhalten. Dies führt aber nicht zur Erhaltung von unwirtschaftlichen Kulturlandschaften.
Im Flächenbestand aufbauende Projekte sind ebenfalls nicht möglich, da die Höhe der Auszahlung über den gesamten Förderzeitraum von 6 bzw. 8 Jahren an die erstmalig beantragte Flächengröße gebunden ist.
Die Annahme, eine bessere Wirtschaftlichkeit und Effektivität durch eine Spezialisierung von einzelnen Produktionszweigen, immer größeren Betrieben und moderneren Maschinen zu erreichen, ist nicht mehr zeitgemäß. Spätestens nach der Milchkrise muss zugegeben werden, dass dies nicht zuletzt zu immer instabileren und anfälligeren Strukturen führt und diese politische Haltung nun auch zum Verschwinden der letzten kleinen ziegen- und schafhaltenden Betriebe und vielfältig aufgestellten kleinbäuerlichen Landwirtschaft führt.
Erhaltung seltener Tierrassen
und eines vielseitigen Genpools
In der Pressemitteilung werden im letzten Absatz statistische Zahlen ab 20 Tieren herangezogen und auf den Rückgang innerhalb von einem Jahr um 5,4 Prozent zum Vorjahr 2017 hinwiesen.
Nach den Zahlen aus der Agrarstrukturerhebung von 2016 gibt es im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge 19 Ziegen- und Schafhalter ab 50 Tieren sowie 61 Ziegen- und Schafhalter ab 20 Tieren. Wenn im gleichen Zeitraum die Anzahl der Menschen mit allen gezählten Ziegen verglichen werden, kommen demnach auf etwa 700 Menschen eine Ziege [4].
Um einen stabilen Genpool zu bewahren, ist aber nicht allein die Anzahl von Individuen ausschlaggebend, sondern ihre Vielfalt. Zwar gibt es für einzelne, vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen, anderweitige, finanzielle Unterstützung. Diese ist aber an große bürokratische Hürden, Herdbuchzucht, Verbandsmitgliedschaft und finanzielle Vorleistungen gebunden. Zumal einige Zuchtziele, beispielsweise die einseitige Zucht auf nur Milch oder nur Fleisch, zu hinterfragen ist.
Die Landrassen von kleinen bäuerlichen Betrieben, welche an diese und den Gegebenheiten der Umwelt vor Ort angepasst sind, bilden einen vielfältigen Genpool und sind nicht nur im Hinblick auf die Herausforderungen der Klimaveränderung züchterich wertvoll. Sie stellen in der Summe eine nicht unerhebliche stabile und resiliente Anzahl von Ziegen und Schafen, welche ebenfalls erhaltenswert ist.
Erhöhter Aufwand
Die Argumentation, der Verwaltungsaufwand sei zu hoch, [2] ist nicht nachvollziehbar, da die Nachweisführung über die Sächsische Tierseuchenkasse, kurz TSK (siehe Paragraf IV. Zahlungsvoraussetzungen Abs. 1 [3]) erfolgt und jeder Tierhalter diese ohnehin anzeigen muss. Auch finden bei kleineren Betriebsstrukturen regelmäßig Besuche vom Veterinäramt und weiteren Kontrollbehörden statt, um gegebenenfalls die beantragte Anzahl zu überprüfen.
Mit einem immer höheren Aufwand durch stetig strengere Anforderung haben die kleinen ziegen- und schafhaltenden Betriebe genauso zu kämpfen und müssen letztendlich auch die gleichen Pflichten erfüllen wie große Betriebe.
Somit stellt sich die Frage, wieso eine Weidetierprämie ab 20 Tieren, beispielweise in Thüringen (siehe 3. Zuwendungsvoraussetzungen Absatz 2,[5]) möglich ist, nicht aber in Sachsen.
Schlussfolgerung
Wie oben ausführlich dargelegt, leisten auch kleinere Betriebsstrukturen im hohen Maße Gemeinwohlleistungen, wie sie vom Ministerium für eine Förderung begründet wurden.
Ebenfalls aufgezeigt, führt die so verabschiedete „Förderrichtlinie Schaf- und Ziegenhaltung RL SZH/2019“ zu einem weiteren Rückgang von kleinbäuerlichen Strukturen sowie zu einem Schwund von Ziegen- und Schafbeständen. Ohne diese wird die vielfältige Grünlandschaft weiter verbuschen.
Nur durch eine finanzielle Unterstützung bereits ab 20 Tieren kann dieser Entwicklung entgegengesteuert werden.
[1] Medieninformation: Prämie für Schaf- und Ziegenhalter beschlossen (Stand 03.07.2019)
[2] Antwort: Weidetierprämie in Sachsen ab 50 Tieren (Stand 27.08.2019)
[3] REVOSax: Förderrichtlinie Schaf- und Ziegenhaltung (Stand 29.02.2020)
[4] Viehbestände in den landwirtschaftlichen Betrieben im Freistaat Sachsen Agrarstrukturerhebung (Stand Juni 2017)
[5] Förderung der Schaf- und Ziegenbestände für Tierhalter, die in Thüringen Biotopgrünland bewirtschaften(Stand 01.01.2019)